Transatlantik von West nach Ost

Logbuch 18.01.2010 – letzter Eintrag …

Horta, 18.01.2010

Hier im Hafen liegt gegenüber eine X55. Ziemlich neu. Hübsches Schiff, wenn auch mit gerolltem Groß im Baum. An Bord ist eine dreiköpfige Proficrew und Elektronik zum Preis eines fabrikneuen Mittelklassewagens.
Die Jungs haben sich von uns den Klettergurt ausgeliehen, weil sie in den Mast mußten (was das für Profis sind, die ohne Klettergurt an Bord gehen, konnten wir nicht ergründen). Wir kamen kurz mit ihnen ins Gespräch, woher, wohin und so weiter. Bis zu diesem Gespräch waren die noch ein Stück weit zu beneiden. So eine schöne X fahren und dafür auch noch bezahlt zu werden. Klingt geradezu paradisisch – bis man die Hintergründe kennt.
Das Boot wurde von einem des Segelns unkundigen Eigner gekauft und bis in die Karibik gesegelt. Dann muß er den Dampfer irgendwie reklamiert haben, so daß die Werft nun besagten französischen Profiskipper mit Crew engagiert hat, das gute Stück zurück nach Haderslev zu bringen.
Irgendwann im Dezember sind sie aus der Karbik hierhergesegelt. 20 Tage haben sie gebraucht. Allein für die letzten 50 Meilen drei Tage. Der Kahn verfügt über genau zwei Segel. Ein Groß, welches eben in den Baum gerollt wird, eigentlich aber von einer X482 stammt, für das Boot also viel zu klein ist und eine schlecht gebaute 100% Genua. Das war´s. Bei einem Auto wäre das ein Getriebe, bei dem nur noch der dritte Gang geht, und der zweite manchmal ein bischen.
Nun reparieren die Herren schon seit Wochen an dem hübschen Boot herum und warten auf gutes Wetter für die Fahrt über die Biskaya und durch den englischen Kanal. Brrrr-kalt! Eine Heizung haben sie zum Glück an Bord, das ist aber eigentlich eine Klimaanlage, die eben auch andersrum funktioniert, dabei aber sehr viel Energie verbraucht. Dank Generator wäre das eigentlich kein Problem, für den ist aber nicht genug Dieselkapazität an Bord. Außerdem haben sie zwar Elektronik bis zum absoluten Gehtnichtmehr dabei, leider aber kein Radar. Mal vorausgesetzt, die wüßten damit umzugehen, wäre natürlich das eine wirklich sinnvolle Hilfe im Kanal.
Die armen Schweine! Müssen mit einem 16 Meter langen Boot, welches dafür gebaut und ausgerüstet ist, Sommertörns in der dänischen Südsee zu absolvieren, über den winterlichen Atlantik schaukeln.
Neueste Errungenschaft: eine Schwerwetterfock. Immerhin.
Wir haben es da besser. Dachten uns gestern, wir drehen noch eine Runde um die Insel. Fanden uns dann knapp zwei Stunden lang mit drei Reffs im Groß und gereffter Fock gegen 40 Knoten Wind und Wellen zwischen sechs und neun Metern (die von noch deutlich stärkerem Wind zu diesen Höhen getrieben
wurden) ankämpfend. Haben dann irgendwie so zwischen den Wellen herausgespürt, daß wir auf diese Party gar nicht eingeladen waren. Der Rückweg ging dafür schnell und reibungslos. Nur noch zwei Reffs im Groß und Genua statt gereffter Fock waren genau die richtige Besegelung, um leichtes Spiel am Ruder zu behalten, und trotzdem bis zu 18 Knoten schnell zu laufen.
Interessant ist, daß nach nur zwei Tagen und drei Nächten an Land die Ausfallquote durch Seekrankheit schon wieder bei 25% lag. Jürgen ist in weiser Voraussicht gleich an Land geblieben.
Heute dann strahlender Sonnenschein und eine Briese gar lieblich. Erstmal Fotoshooting von der Mole aus. Mit Arbeitsbesegelung raus, unter Spi zurück und die Halse gleich hinter der Mole, um den Spi bis in den Vorhafen stehen zu lassen. Clemens während dessen mit Fotoausrüstung  (die ist bei ihm nicht ohne) auf der Mole. Und nun doch noch eine Runde um die Insel. Muß aber leider auch abgesagt werden – diesmal wegen zu wenig Wind.
Damit ist unsere Reise so gut wie zu Ende. Nun wird noch das Boot klargemacht, die nächsten sechs Wochen auf die neue Crew zu warten und dann durch  die Biskaya nach Hause zu fahren. Die sind jetzt schon zu beneiden.
Wir haben nur noch das Boot aufzuräumen und abzufliegen. Das passiert zwischen morgen und in drei Tagen.

Bis bald in Deutschland,

“Pogo1” und Crew

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